The following text is an excerpt from my book Inhabiting Media, Annäherungen an Herkünfte und Topoi medialer Architektonik (PHD Thesis, University Basel 2009/11)
Die Frage nach dem Sinn.
Oder: Das Problem des Anfangs.
»Zwischen den Problemen und den Sätzen besteht stets eine Wesensdifferenz.«
– Gilles Deleuze[1]
Das Denken unterhält die Beziehung zu einem Aussen. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass kein Denken voraussetzungslos beginnen kann. Mit diesen beiden Theoremen als Ausgangslage steht Gilles Deleuze in der Tradition eines radikalen Differenz-Denkens, für die vielleicht in besonderem Masse das Denken Friedrich Nietzsches und Martin Heideggers wichtig ist. Es geht darum, an den Anfang die Differenz zu setzen. Dies ist in der Tat eine Formel, die schon Gegenstand »so vieler möglicher Deutungen« geworden ist, dass man bei einer genaueren Betrachtung der Variationen dieses Problems »nicht genug Vorsicht walten lassen kann«, wie Deleuze selbst schreibt.[2] Was die Perspektive von Deleuze vielleicht in besonderem Masse auszeichnet, ist sein Insistieren darauf, dass es eine Art und Weise des Nachdenkens über Anfänge geben müsse, die weder auf eine für sich reklamierte Voraussetzungslosigkeit gründet,[3] noch auf den reflexionslogischen Weg setzt mit dem von vornherein zum Scheitern verurteilte Versuch, ihre eigenen Voraussetzungen einzuholen.[4] Es gibt hier eine gewisse Nähe zu Wittgenstein, der §201 seiner Philosophischen Untersuchungen ebenfalls vor der Selbstbezüglichkeit anlangte und ebenfalls die Reflexionslogik verwirft.[5] Den Anspruch, den Deleuze für sein philosophisches Projekt formuliert, ist grundlegend. Er will ein Konzept des Denkens entwickeln, welches die Voraussetzungen für das Denken selbst kritisch thematisieren könnte. Mit diesem Anspruch reisst sich die Philosophie von Deleuze radikal von jeder »Grundlage« los,[6] und setzt damit buchstäblich alles aufs Spiel.[7] Sie tut das aber nur, um entsprechend viel auch wieder gewinnen zu können. Deleuze macht das, was man vielleicht eines, wenn nicht das Grundthema der Philosophie überhaupt seit Ende des 19. Jahrhunderts nennen könnte, in direkter und expliziter Weise zum Gegenstand einer Affirmation: Aussetzungsverhältnisse, wie sie in den Künsten weit mehr thematisiert worden sind als in der Philosophie oder den Kulturwissenschaften. Es mag also erstaunen, diesem Thema eine derart bedeutsame Rolle zusprechen zu wollen. Betrachtet man die bisweilen durchaus sehr abstrakt, wenn nicht gar ganz ohne Bezug zu einem »gewöhnlichen Leben« erscheinenden Strategien im Umgang damit etwa als Ausdruck überdrehter Selbstbezüglichkeit, respektive als reaktionäre Geste gegen Populärkultur oder andersherum, als Instrument derselben (Thema Aneignung), täte man der Situation allerdings in vorschneller Weise unrecht.[8]
Denn es gibt tatsächlich gute Gründe, seit rund 100 Jahren nach Strategien im Umgang mit Aussetzungsverhältnissen aller Art zu suchen. Die Umwälzungen auf dem Gebiet der Mathematik und dem Versuch ihrer Grundlegung im 19. Jahrhundert waren derart tiefgreifend, dass sie nicht nur eine Krise der Mathematik bewirkten, sondern als Krise der Vernunft überhaupt begriffen wurden. Die Euklidsche Geometrie galt als Exemplum für die Rationalität überhaupt. Aber es war nicht nur die Ausbildung der nicht-euklidschen Geometrien, sondern auch die Entwicklung der Mengenlehre und der formalen Logik, sowie der Streit um den Begriff der Unendlichkeit, welche die Frage nach dem Status der Mathematik, nach ihrem Gegenstandsbereich und damit auch nach dem Status der modernen Wissenschaften überhaupt aufgeworfen hat.[9] Mit dem Verlust der Anschaulichkeit wurde dem Denken gewissermassen der vertraut geglaubte Boden unter den Füssen entzogen. Seither sind grosse philosophische Begriffe geschaffen worden, um dieser Situation in der einen oder anderen Weise zu begegnen, etwa in der Phänomenologie, dem Existentialismus, dem Strukturalismus, den Performanztheorien, und natürlich in der Psychoanalyse. In der Tat ist es nicht ganz einfach, für den als undifferenziert erscheinenden Rundumschlag Verständnis zu entwickeln, mit dem Deleuze gegen das vorgeht, was er etwas schematisch »die Form der Repräsentation« oder »das repräsentative Denken« nennt. Zum einen mag dieses als pauschalisierend erscheinende Vorgehen etwas relativiert erscheinen, wenn man sich die Radikalität von Deleuzes Ansatzes vor Augen führt. In dem Moment, in dem wissenschaftsgeschichtlich »der vernünftige Grund«[10] abhanden kommt, um an die Möglichkeit eines Kalküls des Denkens zu glauben, setzt Deleuze diese Möglichkeit analytisch voraus. Er beginnt damit, die möglichen analytischen (d.h. hier im mathematischen Sinn: funktionalen) Abbildungen dieser Voraussetzung zu untersuchen. Je nachdem, wie er diese Voraussetzung formalisiert, ergeben sich unterschiedliche Abbildungen. Diese nennt Deleuze »Bilder des Denkens«, und er sieht darin »die Voraussetzung der Philosophie«.[11] Entscheidend ist hier, dass der Begriff der »Abbildung« bei Deleuze ein analytischer ist, ein mathematischer. Dieser Punkt war vielen oftmals irreleitend, denn Deleuze spricht in einem der wichtigsten Kapitel von Differenz und Wiederholung auch ganz dezidiert gegen ein bestimmtes »Bild des Denkens« an, eben dasjenige der Repräsentation. Wie sehen jetzt, dass Deleuze mit diesem spezifischen Bild des Denkens generell jedes Bild des Denkens meint, das nicht von einer analytischen, sondern von einer geometrischen Abbildbarkeit ausgeht.[12] Dies mag die Pauschalität von Deleuzes Rundumschlag etwas erklären. Ebenfalls mitzubedenken ist, dass er auch mit seinen zeichentheoretischen Überlegungen im Anschluss an Peirce, und damit gegen die semiologisch-strukturalistische Tradition in der Folge von de Saussure und dessen zweistelligem Zeichenbegriff, sich nicht gerade auf ausgetretenen Pfaden bewegt hat. Dieses Commitment zur Tradition der analytischen Philosophie bei Deleuze wird nur selten erkannt, respektive kommentiert.[13] Das für diese Tradition charakteristische Interesse an Verallgemeinerung und Abstraktion spricht bei Deleuze jedoch eine klare Sprache. Er fordert nichts weniger als eine Untersuchung der Bilder des Denkens und ihrer Postulate. Die Ergebnisse einer solch kartographischen Untersuchung, die Deleuze Noologie nennen wollte, wären, wie Zechner passen anmerkt, nichts weniger als »die Prolegomena zur Philosophie«.[14]
Was Deleuze also indem, was er die »Form der Repräsentation« nennt, im Kern kritisiert, ist die Annahme einer gleichsam als »natürlich« angenommenen Neigung des Denkens zur Wahrheit. Diese Neigung findet nach Deleuze ihr Element im Gemeinsinn als Zusammenspiel der diversen Vermögen.[15]
»Dieses Element [Gemeinsinn] besteht nur in der Setzung des Denkens als natürlicher Ausübung eines Vermögens unter Voraussetzung eines naturwüchsigen Denkens, das zum Wahren fähig und geneigt ist, und zwar unter dem doppelten Aspekt eines guten Willens des Denkenden und einer rechten Natur des Denkens. Denn jedermann denkt von Natur aus, und jedermann sollte doch implizit wissen, was Denken bedeutet […] Die implizite Voraussetzung der Philosophie findet sich im Gemeinsinn als cogitatio natura universalis, von er aus die Philosophie ihren Ausgang nehmen kann.« [16]
Für Descartes etwa sind es diese für das Element des Gemeinsinns konstitutiven Voraussetzungen, die es ihm erlauben unmittelbar von der Gewissheit des Denkens zur Existenz des denkenden Ich überzugehen.[17] Bei Kant[18] begreift er den Gemeinsinn als Ergebnis eines Zusammenspiels aller geistiger Vermögen unter der Dominanz der Möglichkeit zur Rekognition, zum Feststellen einer Identität im Wiedererkennen eines Objekts.
»Die Rekognition definiert sich durch die Ausübung aller Vermögen auf ein Objekt, das als dasselbe vorausgesetzt wird: dasselbe Objekt ist es, das gesehen, berührt, erinnert, imaginiert, begriffen … werden kann.«[19]
Eben dies war bekanntlich das Problem, das sich für Descartes anhand jenes Wachsstückes gestellt hat, und dessen Natur er in der zweiten seiner Meditationen untersucht[20]: Was gewährleistet den Gemeinsinn, der die Rekognition gewährleistet? Wie Zechner ausführt, ist die Antwort von Descartes berühmt: Er bezieht die verschiedenen Sinne wie die unterschiedlichen Vermögen auf eine gemeinsame Instanz, das gedachte Objekt auf eine denkende Substanz, die ich selbst bin, wenn ich es denke.[21] Eine kritische Philosophie im Sinne Deleuze muss jedoch prinzipiell ohne diese Innerlichkeit des Denkens auskommen können. Und damit, notabene, auch ohne den logischen Begründungsanspruch, der seit Descartes mit dem Begriff des »cogito« verbunden ist.
Denken, so die neue Prämisse von Deleuze, geschieht nur durch den Einbruch eines Aussen. Wollte man hier lediglich ein Rückfallen in scholastische Denkmuster wiedererkennen, würde man diesem Vorschlag von Deleuze zweifellos nicht gerecht. Zwar geht es ihm tatsächlich um ein Wiederbeleben der Kategorie des »Sinns«. Aber an die Stelle eines göttlichen Geistes, der in den Zeichen der Welt seine Spuren hinterlässt, tritt bei Deleuze eine neue »Vorstellung«.[22] Er ist sich der Problematik um dieses Konzept der »Vorstellung« in seiner Argumentation durchaus bewusst, und schreibt etwa: »Das Problem der Philosophie besteht darin, eine Konsistenz zu erlangen, ohne das Unendliche preiszugeben.«[23] Deleuze postuliert damit eine notwendige Verinnerlichung des Aussen ins Denken hinein. Die Theorie dazu konzipiert er als »transzendentalen Empirismus«[24]. Das Denken muss für ihn mit »Problemen« und »Zeichen« konfrontiert werden, denen es »begegnet«. Das Denken widerfahre einem vielmehr als dass man es intentional ausüben könne.[25] »Denken gehört zum Aussen«, so schreibt er, und mit Bezug auf Michel Foucaults Konzepte des Sagbaren und des Sichtbaren fährt er fort: »soweit dieses als »abstrakter Sturm« durch den Spalt zwischen dem Sehen und dem Sprechen dringt«.[26]
Wie wir im vorhergehenden Abschnitt gesehen haben, gelten auch Descartes die Symbole als objekthaft (in Abgrenzung zur begrifflichen Form, die für ein Beweisverfahren konstitutiv wäre). Wie sehr Deleuze mit seinem Empirismus von anderen Voraussetzungen ausgeht als Descartes wird deutlich daran, dass es sich für ihn im Denken nicht um Symboloperationen handelt, die kombinatorisch eine Annäherung an eine Problemlösung suchen könnte.[27] Vielmehr sind es bei Deleuze die Probleme selbst, die sich uns als »Zeichen« mit entsprechender Verweisstruktur – und nicht lediglich als regelgeleitetes Symbol – zu erkennen geben. Die Philosophie von Deleuze ist ein Platonismus, ein umgedrehter Platonismus jedoch, bei dem die Probleme den Status der Ideen zugesprochen bekommen. Die Verweisstruktur der Zeichen referieren damit bei Deleuze nicht auf einen Gott als Absender, sondern auf transzendente Probleme, die sich in Zeichen zum Ausdruck bringen. Damit verändert sich alles. Wir werden an späterer Stelle ausführlich darauf eingehen. Die grösste Herausforderung, zu der Deleuzes Philosophie anregt, mag vielleicht darin bestehen, die notwendige Verinnerlichung des Aussen nicht mit der Aufhebung der eigentlichen Dimension des Aussens zusammenfallen zu lassen[28] – wie das im Ausgang an das Cartesianische Modell geschieht.[29] Bei Deleuze sind es nicht die Formalisierungen von Problemen in Lösungsmöglichkeiten, denen objekthaft Gegebenes zukommt.[30]
Dieser »idealistische Empirismus«[31] der Probleme verlagert das Schwergewicht von der Ebene des rationalen Entwickelns allgemeiner Verfahren zur Problemlösung[32] auf eine dieser noch vorgelagerten Ebene. Sehr deutlich wird hier erneut die intime Beziehung von Deleuzes Projekt zu Kants transzendentaler Methode mit der Frage nach den Bedingungen der Möglichkeiten für Erkenntnis. Die grundlegende Kritik jedoch, die Deleuze Kant gegenüber anbringt, besteht darin, dass dieser seine allgemeinen Möglichkeitsbedingungen entsprechend eines bestimmten Begriffs von Erfahrung konzipiere. Es gäbe bei Kant einen vorausgesetzten und starr konzipierten Begriff der Erfahrung, und dieser gründet nach Deleuze auf Kants Modell der Rekognition. Der Gemeinsinn als »bestverteilte Sache der Welt, […] von Natur gleich bei allen Menschen« wird als concordia facultatum bestimmt, als Vermögen zur Synthese in der Erfahrung.«[33] Deleuze identifiziert hier eine Illusion, die darin besteht, den reellen immanenten Erfahrungsgehalt mit einer begrifflichen Regelung spontan zu objektivieren.[34] Damit will Deleuze nicht bezweifeln, dass wir uns anhand von Denkgewohnheiten in der Welt eingerichtet haben, die wohl im common sense tatsächlich zusammengefasst werden können. Aber er verwehrt sich dagegen, diese alltäglichen Rekognitionsakte in einem unthematischen Verhältnis zu belassen. Deleuze versucht, hinter ihrer positiven Aktualität die genetischen Bedingungen aufzudecken, welche die Erfahrung bestimmen. Und diese Bedingungen können – so die Kritik von Deleuze an Kant – nicht selbst auch nach der »Form der Repräsentation« begriffen werden.
»Es gibt etwas in der Welt, das zum Denken nötigt. Dieses Etwas ist Gegenstand einer fundamentalen Begegnung, und nicht der Rekognition. […] In seinem ersten Merkmal […] kann es nur empfunden werden. Gerade in dieser Hinsicht widersetzt es sich der Rekognition. Denn das Sinnliche ist in der Rekognition keineswegs das, was nur empfunden werden kann, sondern dasjenige, was sich unmittelbar auf die Sinne in einem Objekt bezieht, das erinnert, imaginiert, begriffen werden kann. […] Es setzt also den Gebrauch der Sinne und den Gebrauch der anderen Vermögen in einem Gemeinsinn voraus. Dagegen lässt das Objekt der Begegnung wirklich die Sinnlichkeit im Sinn entstehen. […] Nicht das Gegebene, sondern das, wodurch das Gegebene gegeben ist.«[35]
Das einzige Mittel, um das Transzendentale nicht von den Gestalten des Empirischen abzupausen, sieht Deleuze im Empirismus selbst.[36] Die Differenz, die den Ausschlag für Erfahrung gibt, liegt zwischen dem Transzendentalen und dem Empirischen – nämlich dort, wo die Erfahrung sich gleichsam selbst organisiert.[37] Deleuze findet bei Hume die Idee eines »Atomismus der Einbildungskraft«,[38] der alles andere ist als gleichbedeutend mit der Vorstellung eines »Sinnes-Atomismus«, wie er gemeinhin für empirische Positionen veranschlagt wird.[39] Für Deleuze ist der Empirismus eine Philosophie der Einbildungskraft, deren Elemente die Vorstellungen oder Ideen sind – und zwar die kleinsten, die unteilbaren, die Quanten oder Atome der Einbildungskraft.[40] Dieses materialistische Bild gewinnt Deleuze durch eine Verbindung zum antiken Atomismus von Lukrez.[41] Der dritte im Bunde zur Gründung eines transzendentalen Empirismus in den Gedankengängen von Deleuze ist Leibniz mit seinem Inflexionsatomismus. Nur so kann Deleuze schliesslich sagen, »Das Atom ist das, was gedacht werden muss, was nur gedacht werden kann.«[42] Daraus ergibt sich »das erste Prinzip der Philosophie« für Deleuze,[43] dass nämlich diese Vorstellungen als Universalien überhaupt nichts erklären können, sondern vielmehr selbst erklärt werden müssen.
»Der Fehler aller Bestimmungen des Transzendentalen als Bewusstsein besteht darin, das Transzendentale nach dem Bild und der Ähnlichkeit dessen zu begreifen, was es begründen soll. Also postuliert man es entweder als schon vorhanden, was man durch eine transzendentale Methode zu erzeugen beabsichtigt, postuliert es als schon vorhanden im »ursprünglich« genannten Sinn, den man als dem konstituierenden Bewusstsein zugehörig unterstellt; oder aber man verzichtet ebenso wie Kant selbst auf die Genese oder auf die Konstitution, um sich an ein schlichtes transzendentales Bedingen zu halten; aber man entgeht dennoch nicht dem Zirkelschluss, dem zufolge die Bedingung auf das Bedingte verweist, dessen Bild sie nachahmt.«[44]
Laut Deleuze lässt sich der Begriff der Differenz also weder auf die empirische Verschiedenheit reduzieren, noch lässt er sich negativ und begriffsintern als Gegensatz oder Widerspruch bestimmen. Trotzdem ist die Ausrichtung seines Denkens eine empiristische, denn nur der Empirismus würde es verstehen, »über die erfahrungsabhängigen Dimensionen des Sichtbaren hinauszugehen, ohne den Ideen zu verfallen«.[45]
Marc Rölli weist auf eine eigentümliche Ablehnung des Empirismus innerhalb der nicht-positivistischen Metaphysikkritik hin, die er auf das verbreitete Vorurteil zurückführt, dass der Empirismus die eigentlichen Denkvorgänge leichtfertig missachte. Wenn wir sehen, wie vielfältig (wenn nicht abenteuerlich) die philosophischen Anleihen zusammengestellt sind, auf denen Deleuze seine Idee eines transzendentalen Empirismus aufbauen kann, stellen sich diese Vorbehalte auch gar nicht mehr als so erstaunlich dar. Obwohl oftmals auf empiristische Theoreme zurückgegriffen würde, geschähe dies durchwegs nur in negativer Absicht und sorgfältiger Abgrenzung, so Rölli. Es wird etwa eine »sinnliche Unmittelbarkeit« lediglich als Negativfolie und Korrektiv gebraucht, um den Charakter der philosophischen Begriffe als defizitär oder abstrakt subsumierend ins Licht zu setzen.[46] Man hätte sich allzusehr an die Kantsche Strategie gewöhnt, sein eigenes philosophisches Denken durch die schablonenartig wiederholte Duplizität zweier Extrempositionen sowohl vom Rationalismus wie auch vom Empirismus abzusetzen, so das Fazit von Rölli.[47]
Deleuze findet im Empirismus ein Geheimnis, von dem vorher auch Charles Sanders Peirce inspiriert gewesen war, ebenso wie Alfred North Whitehead.[48] Unter der Voraussetzung, dass Denken nicht als Akt[49] ausgeübt wird, sich einem aber auch nicht über einen Sinnesatomismus deterministisch aufdrängt, sondern als Ereignis gleichsam geschieht, kommt ein neues Denkbild in den Blick. Es nimmt zur Ausgangslage, dass die Relationen weder in derselben Weise wie dies die Kantschen Synthesis-Lehre vorschlägt in unserem Denken hergestellt werden, noch dass sie essentialistisch in der Form von Eigenschaften zum Wesen der Dinge selbst gehören müssen. Ausgehend von der Denkfigur Humes in seiner Assoziationslehre wird es vorstellbar, dass die Beziehungen zwischen den Vorstellungen oder Ideen und den Dingen als etwas gedacht werden könnte, was beidem äusserlich wäre.[50] Affirmiert man dies jedoch als Möglichkeit, so verkomplexifiziert sich das Verhältnis von Subjekt und Objekt ungemein: »Ist die Relation äusserlich, wird Wesentliches in die Umstände einer Sache verlagert. Und ist das Wesen, die Essenz einer Sache, von den Umständen nicht länger zu trennen, wird das Akzidentielle selbst wesentlich.«[51] Ein Subjekt allerdings, das Umstände in Betracht zieht und die Beziehungen zwischen den Dingen den Umständen entsprechend herstellt, ist das Subjekt einer Praxis – einer Praxis jedoch, für die die Differenz zwischen dem Begrifflichen und dem Erfahrbaren konstitutiv ist und nie vollends zur Übereinstimmung gebracht werden kann.[52]
Deleuze sieht den Empirismus als eigentlichen »Mathematismus des Begriffs« – eines Mathematismus jedoch, der Begriffe »als Gegenstand einer Begegnung« behandelt. »Nur der Empirist kann sagen: Die Begriffe sind die Dinge selbst.«, führt Deleuze im Vorwort zu Differenz und Wiederholung aus.[53] Wenn wir mit »Mathematismus« an die symbolischen Verfahrensweisen zur Problemlösung denken, um die es auch den Rationalisten der Neuzeit gegangen ist, so sehen wir nun die spezifischen Vorteile des Deleuzianischen Ansatzes besser. Wie bei Descartes und bei Kant rekurriert Deleuze hier auf das synthetische Vermögen in unserem Denken. Die zentrale Annahme, mit der Deleuze hier gegenüber diesen beiden Philosophen vorgeht, ist seine Ersetzung des Konzeptes der »Kategorie« zugunsten seines Konzepts der »phantastischen Begriffe«:
»Denn die Kategorien gehören zur Welt der Repräsentation […]. Die Philosophie war darum oft versucht, den Kategorien Begriffe ganz anderer Natur gegenüberzustellen, wirklich offene Begriffe, die einen empirischen und pluralistischen Sinn bezeugen.«[54]
Wo für Descartes wie auch für Kant die »Imagination« das entscheidende Vermögen zum begrifflichen Denken ist, behandelt Deleuze die Imagination selbst als problematische:
»Und diese Frage müssen wir überdies nicht nur hinsichtlich des Gedächtnisses und des Denkens stellen, sondern auch hinsichtlich der Einbildungskraft – gibt es ein imaginandum, […], das zugleich die Grenze, das unmöglich Imaginierbare ist?«[55]
Die Ersetzung der Kategorien mit phantastischen Begriffen kann als Voraussetzung dafür gelten, dass die Öffnung der sinnlichen Vermögen der Wahrnehmung auf einen transzendenten Gebrauch hin gelingen kann. Diese Öffnung ist es, was Deleuze als das grosse Geheimnis des Empirismus begreift, insofern als dass dessen »Unvermitteltheit« Begegnungen mit dem, was begriffen werden kann, gleichsam erzwingt:
»Es sind nicht schon vermittelte und auf Repräsentation bezogene Gestalten, sondern im Gegenteil freie oder wilde Zustände der Differenz an sich, die die Vermögen an ihre jeweiligen Grenzen zu treiben vermögen. […] Und wenn die Sinnlichkeit ihren Zwang auf die Einbildungskraft überträgt, wenn sich die Einbildungskraft ihrerseits zum transzendenten Gebrauch erhebt, so ist es das Phantasiegebilde, die Disparität im Phantasiegebilde, die [dasjenige] bildet, was nur imaginiert werden kann, das empirische Nicht-Imaginierbare.«[56]
Dort wo bei Kant ein Schematismus der Formen möglicher Anschauung das Spiel der Imagination immer schon auf die Allgemeinplätze des Gemeinsinns hin begrenzt, kommt bei Deleuze ein unbegründeter und insofern phantastischer Mathematismus zu stehen. Das »Element« dieses Mathematismus, das »wo«, an dem dieser sich entfalten kann, ist die Dimension der Begriffe, dessen was sich überhaupt zu einer bestimmten Situation, zu einer bestimmten Zeit, über etwas das erfahren wird, aussagen lässt. Denken ist für Deleuze die Synthese diskordanter sinnlicher Vermögen in phantastischen Begriffen.[57]
Auch bei Deleuze stellt sich hiermit nun die Frage, in der Kants Idee der Möglichkeit einer »Kritik« sich ausdrückt: »Auf welchem Grund beruhet die Beziehung desjenigen, was man in uns Vorstellung nennt, auf den Gegenstand?«[58] Diese Frage stellt sich nun im Fall von Deleuzes »phantastischen Begriffen« in keiner Weise als trivialer oder einfacher dar, als sie uns an früherer Stelle – in der Episteme der Repräsentation – zurückgelassen hatte. Es ist die Frage nach der Wahrheit, respektive nach der Legitimation unserer Vorstellungen. Sehen wir, welche Haltung Deleuze hier vertritt:
»Schon die Lehrer wissen recht gut, dass man in den »Schulaufgaben« […] selten Irrtümer oder etwas Falsches antrifft. Vielmehr Unsinniges, Bemerkungen ohne Belang und Bedeutung, wichtig genommene Banalitäten, Verwechslungen von gewöhnlichen »Punkten« mit singulären, schlecht oder abwegig formulierte Probleme – das ist das Schlimmste und geschieht am häufigsten, unheilschwanger dennoch, unser aller Los.«[59]
Deleuze begreift die Kantsche Frage als Frage nach dem Sinn. Für ihn gründet Wahrheit einzig und allein im Sinn, und für diese Position reicht es vollkommen aus, auf das allgemeine »man sagt« zu rekurrieren: »Man definiert den Sinn als Bedingung des Wahren.«[60] Um die Ernsthaftigkeit dieser Perspektive zu unterstreichen, fährt Deleuze fort mit dem Hinweis, dass auch bei den Mathematikern, wenn diese polemisieren, wohl kaum einer dem anderen vorwerfen würde, er habe sich in seinen Resultaten oder Berechnungen getäuscht. Viel eher, so Deleuze, würden sie einander den Vorwurf machen, ein insignifikantes Theorem, ein unsinniges Problem geschaffen zu haben. Seine Forderung gegenüber der so formulierten Frage nach der Wahrheit, respektive nach dem Sinn, ist nun wenig erstaunlich: »Die Philosophie muss die Konsequenzen daraus ziehen.«[61] Das Element des Sinns sei zwar von der Philosophie wohl erkannt worden, indem diese einen Begriff von Sinn als Bedingung des Wahren annehme. Doch wenn man sich auf das Nachdenken über die Begründung des Wahren im Sinn erst einmal einlässt, so ergeben sich eine ganze Reihe von offenen Problemen, die das betreffen, was zumindest in unserer Westlich-Europäischen Tradition als die Frage von Philosophie überhaupt gelten könnte: die Frage nach den Grundlagen von Entscheidungen.[62] Da man etwa
»[…] annimmt, dass die Bedingung eine grössere Extension als das Bedingte behält, begründet der Sinn die Wahrheit nicht, ohne auch den Irrtum zu ermöglichen. Ein falscher Satz bleibt also dennoch ein sinnvoller Satz. Und der Unsinn wäre das Merkmal dessen, was weder wahr noch falsch sein kann.«[63]
Man unterscheide gewöhnlich an einem Satz zwei Dimensionen, so fährt Deleuze fort. Eine des Sinns oder Ausdrucks, und diese Dimension eines Satzes würde etwas Ideelles aussagen. Und eine des Wahren und Falschen, eine Dimension der Bezeichnung, derzufolge Gegenstände angezeigt und bezeichnet werden können, auf die sich das Ausgedrückte bezieht. Von Wahrheit oder Logik kann gemäss dieser Aufspaltung nur hinsichtlich der zweiten Dimension die Rede sein. Über Ideelles kann es weder Wahrheit noch logische Folgerichtigkeit geben. Deleuze kritisiert diese Gewohnheit aufs Schärfste. Mit dieser Aufspaltung werde just jenes Begründungsverhältnis preisgegeben, so Deleuze, von dem doch auszugehen wäre.[64] Dieser Vorwurf ist folgenschwer. Stimmt man ihm zu, wie Deleuze das tut, so fällt jede Notwendigkeit weg, mit der ein Sachverhalt als sinnvoll und wahr ausgewiesen werden könnte. Und zwar entfällt diese Notwendigkeit, weil der Sinn als bedingende Dimension immer eine grössere Extension behalten muss als das Bedingte Konkrete. In dieser Perspektive erscheint die Wahrheit »als eine Sache von Produktion, nicht von Adäquation«:[65]
»Begründen heisst verwandeln.[…] Der Bezug des Satzes zum Objekt, das er bezeichnet, muss im Sinn selbst errichtet werden. […] Niemals wäre die Bezeichnung begründet, wenn sie nicht – verwirklicht im Fall eines wahren Satzes – als Grenze genetischer Reihen oder ideeller Verbindungen, die den Sinn konstituieren, gedacht werden müsste.«[66]
Die Dimension des »Sinns« selbst muss mit Deleuze als vor- oder jenseitssprachlich begriffen werden: da Sinn per definitionem dasjenige, was er begründet, immer zugleich auch überschreitet, lässt sich Sinn selbst nicht in Sätzen vollumfänglich zum Ausdruck bringen. Die eigentliche Umwendung des Platonismus, als die Deleuze seine Philosophie bezeichnet, besteht in dieser Bewegung. Denn damit kommt der Sinn in den nun als transzendental gedachten Ideen selbst zu liegen.[67]
Fassen wir diese Strategie noch einmal in den wichtigsten Punkten zusammen. Wenn Deleuze empiristisch auf einem »Atom der Erfahrung« besteht, dieses aber als »Unteilbares« der Einbildungskraft selbst bestimmt, um eine Begriffstheorie zu begründen, die er selbst als Mathematismus umschreibt, so zielt seine Kritik dabei auf folgende Punkte. Man habe zwar richtig erkannt, so Deleuze, dass das Problemkalkül selbst wesentlich als logisches, und genauer: als dialektisches zu begreifen sei, insofern nämlich als die Dialektik die Kunst des Stellens von Probleme und Fragen umfasst.[68] Das Unhaltbare an den logizistischen Konzeptionen nun aber sieht er darin, dass dort das »Problemkalkül« als blosses »Satzkalkül« erschlossen werde, welche »stets von den[jenigen] Sätzen selbst kopiert, abgepaust ist«, deren Genese das Kalkül eigentlich klären sollte.[69] Die Konsequenz eines solchen logizistischen Umgangs mit Problemen sieht Deleuze in der Beschränkung des Denkens auf die »jeweils denkbaren Möglichkeiten«.[70] Eine Beschränkung bedeutet dies deshalb, weil auf diese Weise – und darin bestand schon der Einwand von Aristoteles gegen Platon – das Werden, ebenso wie das Entstehen des Neuen, nicht erklärt werden kann.[71]
Man kann die Strategie von Deleuze also gerade darin sehen, dass er diesen Umstand selbst als »Problem« in seinem Sinne begreift und in seiner Philosophie auf eine »sinnvolle Art und Weise« zu formulieren versucht. Wie wir gesehen haben kann sich eine »Lösung« auf ein Problem nach Deleuzes Philosophie nur aus den vollständigen Bedingungen ergeben, »unter denen man das Problem als Problem bestimmt, aus den Mitteln und Termen, über die man verfügt, um es zu stellen«.[72] Dafür hat er eine ganze Reihe von Begriffen geschaffen, die alle zusammen ein neues Sprachspiel zum Verhältnis von Struktur und Genese ermöglichen: das Sprachspiel des »Virtuellen«. Dieses steht nun im Zentrum des folgenden Kapitels.
[1] Gilles Deleuze. Differenz und Wiederholung. Fink Verlag, München 1992 [1968]. S. 209.
[2] Deleuze, a.a.O. [Anm. 506], S. 169-170.
[3] Marc Rölli grenzt Deleuzes virtuelle Dialektik von der spekulativen Dialektik Hegels ab, indem er dessen (Deleuzes) Transzendentalphilosophie als Empirismus charakterisiert. Hegels Kreisförmigkeit, wonach die Voraussetzungen des Anfangs bereits ihre Aufhebung im Prozess der Selbstbestimmung des Absoluten implizieren, bleibt Röllis Meinung nach dem Ideal der Voraussetzungslosigkeit ebenso verpflichtet wie die cartesianische Suche nach unmittelbarer Gewissheit als Grundlage des Wissens. Nochmal anders etabliere die Zirkularität der hermeneutischen Logik eine Anzahl von Vorurteilen, die sie nach Rölli als solche nicht thematisiert: Vorurteile, die durch ihre Geschichtlichkeit und durch ihre Geschickt-heit ihren unbegründeten und veränderlichen Charakter verstellen würden. Vgl. Marc Rölli. Gilles Deleuze. Die Philosophie des transzendentalen Empirismus. Turia + Kant, Wien 2003. Insbesondere S. 238ff.
[4] Deleuze, a.a.O. [Anm. 506], S.169; In ihrem gemeinsamen Buch Was ist Philosophie? unterscheiden Deleuze und Guattari drei »Bilder des Denkens«, die sich auf jeweils unterschiedliche Weise auf dogmatischen Voraussetzungen fussen: es handelt sich dabei um die Formen der Kontemplation, der Reflexion, und der Kommunikation. Alle drei beziehen sich nach den Autoren auf eine transzendente Instanz, deren Voraussetzungslosigkeit gewissermassen in Kauf genommen wird. Vgl. Gilles Deleuze, Félix Guattari. Was ist Philosophie? Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1996 [1991]. S. 53-57.
[5] Ludwig Wittgenstein. Philosophische Untersuchungen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1982 [1953], §201: »Unser Paradox ist dies: eine Regel könnte keine Handlungsweise bestimmen, da jede Handlungsweise mit der Regel in Übereinstimmung zu bringen sei.«
[6] Deleuze und Guattari sprechen von diesem Projekt auch als »Geophilosophie«, in: Deleuze, Guattari, a.a.O. [Anm. 509] S. 97-131.
[7] Eben dies wird Deleuze auch immer wieder vorgeworfen von Kommentatoren, für die dieses Aufs-Spiel-Setzen lediglich als spekulatives Gedankenexperiment erscheint. So wird Deleuze auf dieser Basis beispielsweise von Peter Hallward für eine politische Positionslosigkeit kritisiert: Vgl. als jüngstes Beispiel Peter Hallward. Out of this World: Deleuze and the Philosophy of Creation. Verso, London 2006.
[8] Deleuze fasst die Wandlung am Status des »Intellektuellen«, um den es hier hinterliegend geht, beispielsweise mit Bezug auf Foucault. Dieser habe immer wieder erklärt, dass das hier noch immer beklagte Bild des »Intellektuellen« dasjenige eines »Sachwalters des Allgemeinen« sei – ein Selbstverständnis, das noch immer breithin von Kulturschaffenden erwartet würde, auch wenn sich dies nur ex negativo äussert. Vgl. Gilles Deleuze. Foucault. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1992. S. 127ff.
[9] Vgl. für eine Darstellung der damaligen Umwälzungen Paul Ziche. Wissenschaftslandschaften um 1900. Philosophie, die Wissenschaften und der nichtreduktive Szientismus. Chronos Verlag, Zürich 2008. Für eine kurze Einführung in die Krisenverhältnisse aus dezidiert philosophischer Perspektive vgl. Michael Hampe. Alfred North Whitehead. Beck’sche Reihe 1998. Speziell S. 31ff, sowie S. 38-82.
[10] respektive, der Grund in der Vernunft, die als sinnvoll erscheinende Begründung also. Wenn »die Kunst der Manipulation substitutiver Zeichen nach festgelegten Regeln und die Ableitung wahrer Propositionen aus deisen [ist] ein Kalkül« ist (Whitehead. A Treatise on Universal Algebra, with Applications, Cambridge 1898, S. 4), so fehlte mit dem Verlust der Anschaulichkeit über die more Geometrico die Kriterien für eine mit Kant als vernünftig im Sinne von kritisch zu benennenden Dialektik.
[11] Gilles Deleuze. Unterhandlungen 1972-1990. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1993. S. 215-217: »Unter Bild des Denkens verstehe ich keine Methode, sondern etwas Tieferes, das immer vorausgesetzt ist, ein Koordinatensystem, ein System von Dynamismen, Orientierungen: eben denken und »sich im Denken orientieren«. […] Das Bild des Denkens ist wie die Voraussetzung der Philosophie, es liegt ihr voraus. […] Das Bild des Denkens leitet die Schöpfung von Begriffen. […] Eine solche Untersuchung der Bilder des Denkens könnte man Noologie nennen. Es wären die Prolegomena zur Philosophie. Das ist der eigentliche Gegenstand von Differenz und Wiederholung: die Natur der Postulate im Bild des Denkens.«
[12] Für die analytische Anschaubarkeit entwickelt Deleuze in der Tradition der Zeichentheorie von Charles Sanders Peirce den Begriff des Diagramms. Damit begegnet er dem Problem des Abbilds, welches für die Linguistik wie für die meisten Richtungen der Sprachphilosophie unhintergehbar scheint, aus der Tradition der Topologie heraus. Damit wird das Abbild zur »Kartographie« im Sinne eines analytischen – das heisst, funktionsanalytischen – mappings, dessen Darstellung nie als unabhängig von einer Zwecksetzung und der entsprechenden Auswahl an Kriterien zur Beurteilung zu »lesen« ist. Vgl. zur Bedeutung des Diagramms bei Deleuze beispielsweise John Rajchman. The Deleuze Connections. MIT Press, 2000, insbesondere S. 8ff.; vgl. zum Abbildbegriff spezifisch bei Wittgenstein: Wilhelm Vossenkuhl. »Sagen und Zeigen. Wittgensteins »Hauptproblem««. In: Ders. (Hrsg.). Ludwig Wittgenstein. Tractatus logico-philosophicus. Akademie Verlag, Berlin 2001, S. 35-64; Erich Ammereller. »Die abbildende Beziehung. Zum Problem der Intentionalität im Tractatus«. In: Ders. (Hrsg.). Ludwig Wittgenstein. Tractatus logico-philosophicus. Akademie Verlag, Berlin 2001, S. 111-140; zur diagrammatischen Logik bei Peirce vgl. Charles Sanders Peirce. Kategoriale Strukturen und graphische Logik [1903], ins Deutsche übersetzt in: Charles Sanders Peirce, Semiotische Schriften, Bd. 2 (1903-1906), Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1999, S.98-165.
[13] Dies verhält sich bei Deleuze ähnlich wie auch bei Michel Foucaults Diskursanalyse. Deleuze und Foucualt können in der Tat in ihren Begriffs- respektive Aussagetheorien gewissermassen als strukturverwandt gelten. Als Ausnahmen zu dieser Tendenz zum Ignorieren siehe die Aufsatzsammlung herausgegeben von Simon Duffy (Hrsg.). Virtual Mathematics. The Logic of Difference. Clinamen Press, London 2006.
[14] Deleuze, a.a.O. [Anm. 516], S. 215. Zechner schreibt dazu: »Das Bild des Denkens ist ein mentales Diagramm, das den Akt des Denkens im Extremfall entweder zum Klischee erstarren oder im Chaos versinken lässt. Und die Noologie ist die Kartographie des Denkens«. in: Ingo Zechner. Deleuze. Der Gesang des Werdens. Wilhelm Fink Verlag, München 2003. S. 29.
[15] Der Gemeinsinn gilt als allgemeines Vermögen primärer Einsichten, die ohne explizite Urteile und Schlüsse zustande kommen. Ausserdem bezeichnet der Gemeinsinn das allgemeine Wahrheitsvermögen, welches »die verschiedenen Tätigkeiten der äusseren Sinne vereinheitlicht und dadurch die Vergleichung der Gegenstände verschiedener Sinne ermöglicht«. Vgl. zum Gemeinsinn Descartes: Rene Descartes. Discours de la méthode pour bien conduire sa raison, et chercher la verité dans les sciences. Hrsg. von L.Gäbe, Hamburg 1960. S. 3.
[16] Deleuze, a.a.O. [Anm. 506], S. 171.
[17] Deleuzes Kritik an Descartes orientiert sich an Heidegger und dessen generellen Einwänden gegen das »vorstellende Denken«. Vgl. dazu Martin Heidegger, Gesamtausgabe 6.2, S. 124ff.; ebenfalls die Besprechung der Bedeutung Heideggers für Deleuze bei Marc Rölli in seinem Kapitel Heidegger und die Metaphysik der Endlichkeit, a.a.O. [Anm. 508]. S. 203-233.
[18] Deleuze hat die verschiedenen Bedeutungen des Wortes Vermögen genau differenziert. Die Lehre von den Vermögen und ihren Verhältnissen ist das grosse Thema seines gesamten Buches über Kants kritische Philosophie. Die Lehre der Vermögen. Merve, Berlin 1990.
[19] Deleuze, a.a.O. [Anm. 506], S. 174.
[20] Descartes. Meditationen über die Erste Philosophie / Meditationes de Prima Philosophiea (dt. / lat.) übers. und hrsg. Von Gerhart Schmidt, Stuttgart 1986, S. 89-97.
[21] Ingo Zechner. Deleuze. Der Gesang des Werdens. Wilhelm Fink Verlag, München 2003. S. 30
[22] Deleuze a.a.O. [Anm. 506], S. 214
[23] Gilles Deleuze, Félix Guattari. Was ist Philosophie? Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1996 [1991]. S. 51.
[24] Deleuze, a.a.O. [Anm. 506].
[25] Vergleiche dazu Wittgenstein: »Anstatt zu sagen »Ich denke«, sollte es viel eher heissen »Es denkt« etwa so wie man sagt, »Es blitzt««. Vgl. dazu: Erich Ammereller. »Die abbildende Beziehung. Zum Problem der Intentionalität im Tractatus«. In: Ders. (Hrsg.). Ludwig Wittgenstein. Tractatus logico-philosophicus. Akademie Verlag, Berlin 2001, S. 111-140.
[26] Deleuze, Foucault. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1992, S. 121. An anderer Stelle präzisiert er sein Verständnis der Konzepte: »Sprechen und Sehen oder genauer Aussagen und Sichtbarkeiten sind reine Elemente, apriorische Bedingungen, gemäss denen sämtliche Ideen zu einem bestimmten Zeitpunkt formuliert werden und die Verhaltensweisen sich zeigen.« Vgl. die Gedanken Deleuzes zur Rolle Foucaults für die Philosophie: Deleuze, ebd. S. 86. Vgl. zu den Konzepten bei Foucualt selbst vgl. insbesondere Michel Foucault. Die Archäologie des Wissens. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1981 [1969].
[27] Vgl. zur Begrenzbarkeit des Möglichen anahnd einer rein formalen Kombinatorik siehe auch den schönen Essay von Deleuze zu Samuel Beckett. Gilles Deleuze. Erschöpft. In: Samuel Beckett. Quadrat. Stücke für das Fernsehen. Suhrkamp Verlag, 1996. S. 49-101. Er schreibt dort etwa: »Wenn man Mögliches verwirklicht, so geschieht es im Hinblick auf gewisse Ziele, Pläne, Vorlieben: ich ziehe Schuhe an, um auszugehen, und Pantoffeln, um daheim zu bleiben. […] Ganz anders mit der Erschöpfung: man kombiniert alle Variablen einer Situation, vorausgesetzt, dass man auf Vorlieben, Zielsetzungen oder Sinngebungen jedweder Art verzichtet. […] Becketts grosser Beitrag zur Logik ist, dass er zeigt, dass die Exhaustion nicht ohne eine gewisse physiologische Erschöpfung vor sich geht: ähnlich wie Nietzsche nachwies, dass das wissenschaftliche Ideal nicht ohne eine gewisse Einbusse an Vitalität möglich ist […] Muss man erschöpft sein, um sich mit Kombinatorik zu beschäftigen, oder ist es vielmehr die Kombinatorik, die uns erschöpft, die zu unserer Erschöpfung führt, oder beides zusammen, die Kombinatorik und die Erschöpfung?« hier S. 52-56.
[28] Marc Rölli weist darauf hin, dass in diesem Zusammenhang die Spätphilosophie von Merleau-Ponty für Deleuze wichtig war. Gerade der dialektischen Theorie als einer »Kunst der Probleme und Fragen«, die Merleau-Ponty im kritischen Ansatz gegen Hegel und Sartre konzipiert, habe sich Deleuze ausdrücklich zugeneigt. Auch seine ontologisch konzipierten Denkfiguren der »Verflechtung« oder »Faltung« aus Le visible et l’invisible finden entsprechende Theoreme im Denken von Deleuze. Vgl. Rölli, a.a.O. [Anm. 508], S. 242. Sowie Leonard Lawlor. »The End of phenomenology: Expressionism in Deleuze and Merleau-Ponty«. In: Continental Philosophy Review 31:1, S. 15-34.
[29] und heute in bestimmten Richtungen der Künstlichen Intelligenz Forschung sowie der Kybernetik fortgeschrieben wird.
[30] In der analytischen Philosophie einen alten Disput rund um die sogenannten »abstrakte Objekte«, der um das Verhältnis von abstrakt und konkret dreht. Kann etwas abstrakt dargestelltes hinsichtlich eines weiteren Abstraktionsschrittes als konkret angesehen werden, und wenn ja, welche weitere Probleme handelt man sich damit ein? Vgl. den überblickenden Beitrag im Stanford Encyclopedia online: Gideon Rosen »Abstract Objects«. In: Edward N. Zalta (Hrsg.). The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Fall 2008 Edition), online: http://plato.stanford.edu/archives/fall2008/entries/abstract-objects/ (20.01.2009)
[31] Auch Peirce ist für seine Semiotik auf eine ähnliche (paradoxale) Verwicklung tradierter philosophischer Positionen gekommen. Er spricht von seiner Philosophie als empirischen Idealismus. Vgl. dazu Helmut Pape (Hrsg.). Kreativität und Logik. Charles Sanders Peirce und das philosophische Problem des Neuen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1994.
[32] was bis zu Leibniz und dessen Grundlegung der Topologie im Zentrum des Interesses einer analytischen Geometrie stand.
[33] Vgl. dazu Rölli, a.a.O. [Anm. 508], S. 242.
[34] Vgl. dazu auch Helmut Pape zum selben Problem bei Peirce: Ders. »Die Seele des Universums: Peirce’ semiotische Metaphysik der kosmologischen und kulturellen Evolution« in Ders. (Hrsg.). Charles Sanders Peirce. Naturordnung und Zeichenprozess. Schriften über Semiotik und Naturphilosophie. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1988. S. 11-110, speziell das Kapitel »Die Aufhebung des Common Sense in einer Metaphysik der Evolution« S. 25-31.
[35] Deleuze, a.a.O. [Anm. 506], S.182. Hier zitiert in Rölli, a.a.O. [Anm. 508] S. 243/44.
[36] Deleuze, a.a.O. [Anm. 506], S. 187.
[37] Dieser Begriff der Selbstorganisation ist in gewisser Weise problematisch. Während man sich dieses Begriffes ja gerade bedient, um die Annahme eines »Selbst« loszuwerden, scheint er doch wiederum ein solches zu implizieren. Wie Hampe (Kleine Geschichte des Naturgesetzbegriffes, a.a.O. [Anm. 326]) darlegt, stehen Theorien um Genesis und Selbstorganisation in der Tradition und Geschichte des Naturgesetzbegriffs. In ihnen wird versucht, eine Geschichte der Natur mit immanenten Gesetzen zu entwickeln, eine Geschichte also, die ohne Schöpfungsakt auskommen kann. Frühe Selbstorganisationstheorien waren etwa die spekulativen Kosmologien von Peirce (Naturordnung und Zeichenprozess, a.a.O. [Anm. 539], insbesondere sein Aufsatz: Was ist ein Naturgesetz? [1901]) oder auch von Whitehead (Alfred North Whitehead. Process and Reality. New York, Macmillan 1992.). Vgl. für eine weiterführende Diskussion Hampe, S. 110-130.
[38] Zechner, a.a.O. [Anm. 526], S. 69.
[39] Vgl. zu Deleuzes Lektüre und Interpretation von Hume seine Monographie über diesen: Gilles Deleuze. David Hume. Campus Verlag, Frankfurt am Main 1996 [1953]. Deleuze ist beispielsweise auch der Auffassung, dass der Empirismus die Erfahrung immer schon dem Prinzip unterstellt, dass jede Vorstellung (d.h. jede Idee) von einem Eindruck her stamme (S. 104).
[40] Deleuze, a.a.O. [Anm. 544], S. 108.
[41] Vgl. dazu Lukrez. De rerum natura. Reclam, Leipzig 1986. Siehe auch Michel Serres Studie zu Lukrez und der Bedeutung des antiken Atomismus für die sogenannten Komplexitätswissenschaften heute: Michel Serres. The Birth of Physics. Clinamen Press, London 2000; Deleuze hat einen kurzen aber sehr wichtigen Text über Lukrez geschrieben, der als Appendix in Logik des Sinns veröffentlich wurde: Gilles Deleuze. »Lukrez und das Trugbild« in: Ders. Logik des Sinns. Aesthetica. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main1993 [1969], S. 324-340.
[42] Deleuze, a.a.O. [LS Anm. 546], S.327.
[43] Deleuze, a.a.O. [PH Anm. 410 ], S. 11.
[44] Deleuze, a.a.O. [LS Anm. 546], S.138.
[45] Deleuze, a.a.O. [LS Anm. 546], S. 39.
[46] Wie Rölli darlegt, findet sich im Nachwort zu Limited Inc bei Derrida beispielsweise »einer jener unschuldig hingeworfenen Bemerkungen« die in ihrer Gesamtheit von der stillschweigenden Wirksamkeit des Verdikts über den Empirismus als Positivismus Zeugnis ablegen würden: »As a philosophy, empiricism is still dominated by a logic I deem it necessary to deconstruct.« (Derrida 1988; S. 127). Desweiteren weist Rölli auf eine Stellungnahme Lacans hin, die auf den ersten Seiten des bekannten Aufsatzes Subversion du sujet et dialectique de désir dans l’inconscient freudien die den Empirismus »mit einem Handstreich erledige«, so zitiert Rölli diesen weiter: »Jedenfalls rechne ich mit ihrem Wohlwollen, wenn ich es für ausgemacht halte, dass die Bedingungen einer Wissenschaft nicht im Empirismus liegen können« (Lacan 1966 II, S. 168). Vgl. Rölli, a.a.O. [Anm. 508], S. 247ff.
[47] In dieser Weise würde die ausserordentlich voraussetzungsvolle Strategie, mit der Kant seine »vernunftsbezogene Vermittlung« vollziehen konnte, nicht nur kaschiert werden, sondern könne in ihrer Unausgesprochenheit auch weiterhin wirksam bleiben, so folgert Rölli. Diese Beobachtung ist noch in einer anderen Hinsicht interessant. Kant hat sich mit seinem System bekanntlich Newtons Physik sehr verbunden gefühlt, und tatsächlich erscheinen so nun die beiden unausgesprochenen Voraussetzungen als strukturähnlich: Newtons »göttliches Sensorium« und Kants »Gemeinsinn«. Vgl. zu Kants Verbundenheit zu Newton: Darios Koriako. Kants Philosophie der Mathematik. Grundlagen – Voraussetzungen – Probleme. Meiner, Hamburg 1999. Vgl. zu Newtons Voraussetzung eines »göttlichen Sensorium« beispielsweise Gosztony, a.a.O. [Anm. 262], S. 338ff.
[48] Diese Beziehungen zwischen dem Denken von Deleuze und Whitehead werden gerade erst herausgearbeitet. Das Buch von Isabelle Stengers zu Whitehead mag Anregung gewesen sein, um diese Linien weiter zu verfolgen. Vgl. Isabelle Stengers. Penser avec Whitehead : Une libre et sauvage création de concepts. Seuil, Paris 2002; Keith Robinson (Hrsg.) Deleuze, Whitehead, Bergson. Rhizomatic Connections. Palgrave McMillan, New York 2008; Laut Ankündigungen an der First International Deleuze Conference 2008 in Cardiff sind entsprechende Studien in Entwicklung von e.g. Brian Massumi, Steven Shaviro, u.a.
[49] Gewissermassen in der Gegenrichtung zu Deleuze schreibt Adorno etwa in der Negativen Dialektik unmissverständlich: »Denken heisst identifizieren«. (Theodor W. Adorno. Negative Dialektik. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1996 [1966], S. 17; S. 24). Differenz für Adorno ist uneinholbar, weil sie von einer scheinlosen Wahrheit vom Ende der Geschichte her abstrahlt und nur gemindert werden kann, indem man über die realen Zustände und Ideologien nachdenkt und reflektiert. Denken hat hiermit im negationslogischen Denken, zumindest als wichtigem Bestandteil, auch eine heilsversprechende Verfassung.
[50] Im 19. Jahrhundert war die Idee des Naturgesetzes gemeinhin prekär geworden. Es trat ein offenkundiger Widerspruch zu den Ideen der Geschichtlichkeit und Historizität zutage, wie sie für die damalige Zeit charakteristisch gewesen waren. Es gab verschiedene Ansätze und Vorläufer zu einem Denken der Selbstorganisation. Vgl. dazu Michael Hampe. Eine kleine Geschichte des Naturgesetzbegriffs. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007; besonders S. 110ff.
[51] Zechner, a.a.O. [Anm. 526], S. 70.
[52] Hier sei nochmals auf die für Deleuze ungemein bedeutsame Unterscheidung zwischen dem Sichtbaren und dem Sagbaren bei Foucault hingewiesen; beide denken entlang der selben Linie hier. Vgl. a.a.O. [Anm.308]. Natürlich kann eine ähnliche Charakterisierung auch auf den semiotischen Pragmatismus von Peirce veranschlagt werden.
[53] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S.13.
[54] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 354-355.
[55] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S 186. Deleuze weist auf die unterschiedliche Rolle der Einbildungskraft in der Kritik der reinen Vernunft gegenüber der Kritik der Urteilskraft bei Kant hin. In Zusammenhang mit dem Erhabenen sei die Einbildungskraft auch bei Kant »genötigt, gezwungen, ihrer eigenen Grenze zu trotzen […] ihrem Maximum, das zugleich das Unvorstellbare, das Formlose oder Ungestalte in der Natur« sei. Vgl. Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 187, Vgl. zu Lyotards Ausführungen zum Erhabenen und der Imagination G.C. Tholen….
[56] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S 187/88.
[57] Vor diesem Hintergrund wäre Denken vielleicht eher als »Einklang« zu charakterisieren denn als »Einbildung« – wenn auch nur aufgrund unserer aktuellen Denkgewohnheiten, nach denen es uns (vorerst noch) einfacher fällt, einen Einklang als diskordant vorzustellen denn als ein Bild. Es ist eine interessante Beobachtung, dass im Zuge der Möglichkeiten, welche digitale Ästhetik bietet, ein zunehmendes Interesse an der Metaphorik von Klangwelten gegenüber von visuellen Welten festzustellen ist. Die Rede ist dezidiert von »Resonanzräumen« (Sloterdijk Sphären I, II, III).
[58] Immanuel Kant. Hier zitiert in Heinrich, a.a.O. [Anm. 500].
[59] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 198.
[60] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 198.
[61] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 198.
[62] Sofort springt etwa die implizite Irreduzibilität einer ethischen Haltung ins Auge.
[63] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 197.
[64] »Damit aber würde der Sinn die Wahrheit eines Satzes nicht begründen, ohne hinsichtlich dessen, was er begründet, indifferent zu bleiben.« Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 198.
[65] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 199.
[66] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 199.
[67] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 203.
[68] »Die Dialektik ist die Kunst der Probleme und Fragen, die Kombinatorik das Kalkül der Probleme als solcher.« Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 203.
[69] »Man macht uns glauben, die Probleme seien als fertige gegeben und verschwänden in den Antworten oder der Lösung; schon unter diesem doppelten Aspekt können sie blosse Phantome sein. Man macht uns glauben, die Denktätigkeit, und ebenso das Wahre und Falsche bezüglich dieser Tätigkeit, beginne erst mit der Suche nach Lösungen, betreffe nur Lösungen.« Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 204.
[70] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506].
[71] Vgl. für eine strukturähnliche Argumentation im Ausgang an Wittgensteins Relativierung der erkenntnistheoretischen Mächtigkeit, die der Logik zugeschrieben wird: Ulrich Metschl. »Ein Platz für alles Mögliche. Der logische Raum im Tractatus«. In: Wilhelm Vossenkuhl (Hrsg.). Ludwig Wittgenstein. Tractatus logico-philosophicus. Akademie Verlag, Berlin 2001, S. 141-178. Sehr deutlich wird hierbei auch, dass jede Stellenwertlogik – ob positiv vermeint oder negativ dekonstruiert – immer nur auf die Dimension des Symbolischen abgebildet werden kann, und diese fällt nach Deleuzes Unterscheidung mit derjenigen der Logik zusammen, nicht etwa mit derejenigen des Sinns (nach seinem Begriff).
[72] Deleuze, a.a.O. [DW Anm. 506], S. 205
Pingback: Deleuze on Ideality as the Element where Problems Exist | monas & nomos
Pingback: Continuing the Dedekind Legacy – Computing within the open totality of anything that can be the object of thought | monas oikos nomos